Würzburger Forum der Kontemplation e. V. (WFdK)Frauen und Männer der Mystik |
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Dionysius AreopagitaAutor: Willigis JägerDionysius lebte wahrscheinlich um 500 in Syrien. Seine historische Person ist bis heute ein Geheimnis. Der Schreiber verbarg sich hinter dem Pseudonym Dionysius. Er trug lange den Beinamen Areopagita, weil man ihn für einen Schüler von Paulus hielt, der sich nach der Rede des Apostels auf dem Areopag bekehrt haben soll (Apg 17.34). Nachdem dieser Irrtum geklärt war, nannte man ihn Pseudo-Dionysius. Er war wohl Mönch. Seine Schriften sind von einzigartiger Bedeutung für die Mystik des Westens. Von ihm stammt der Ausdruck ,mystische Theologie‘. Im 16. Jahrhundert begann man an seinen Schriften zu zweifeln. Luther meinte, dass seine Theologie mehr Platonismus sei als Christentum. In Wirklichkeit hat er mehr Proklus als Plato verarbeitet. Er besaß und besitzt auf katholischer Seite immer noch beträchtliches Ansehen. Das zentrale Werk ‚De divinis nominibus‘ handelt von einer kataphatischen Theologie, die Gott Namen zuschreibt, es enthält aber auch Ansätze einer negativen bzw. apophatischen Theologie, die alle Namen hinter sich lässt. Seine zentrale Frage ist: „Wie können alle Dinge die Einung mit der nicht fassbaren Quelle erreichen?“ Dionysius preist die Schönheit und Gutheit des Universums. Viele Wahrheiten der Schrift sind nach ihm mystisches Gut, zu dem man sich nur dunkel und über alle Denktätigkeit hinaus (apophatisch) erheben kann. Charakteristisch für seine Theologie ist das folgende Zitat: „Als noch unsere Untersuchungen vom Allgemeinen zum Besonderen herabschritten, nahm der Umfang zu, je mehr wir uns von den Höhen entfernten, um bis in die Niederungen der Einzelerscheinungen vorzudringen. Jetzt aber, da wir vom Fassbaren in Richtung auf die unfassbaren Höhen emporzusteigen beginnen, wird der Umfang unserer Rede immer mehr verengt – bis wir an einen Punkt unseres Anstieges gelangen, wo wir ganz und gar verstummen müssen, um uns still dem Unsagbaren einzufügen.“ (MT III, 1033) Handreichungen für die PraxisDionysius möchte in die Praxis einführen. Er will nicht wissenschaftlich erklären, sondern durch die Schau Gottes einen Weg zur ganzheitlichen Teilnahme an Gott erreichen. Er zeigt einen mystischen Weg zur Vollkommenheit auf. Die positive Theologie mit ihren Bildern und Begriffen führt nicht zur Gottesvereinigung. Der Mensch muss zum „Erkenntnisdunkel“ vorstoßen. Während die positive Theologie differenziert von den göttlichen Dingen redet, führt die negative Theologie in eine „erkennende Sprachlosigkeit“. Für die Vereinigung mit dem Göttlichen ist die negative Theologie, also der mystische Weg, die adäquatere Form. Bilder, Begriffe und Symbole werden deswegen nicht abgelehnt, denn Gott hat sich in allem „eingebildet“. Für ihn sind daher auch Namen wichtig: Der „Alte der Tage“, der „Allheilige“, der „König der Könige“, der „Herr der Herren“, der „Gott der Götter“ und schließlich „Der Vollkommene“ und „Das Eine“. Diese Namen sollen jedoch der Einigung mit Gott dienen. Ein wichtiges Wort für Dionysius, wie für alle Mystik, ist „Das Eine“. Die vielen Namen von Gott sollen zum Einen hinführen. Daher gebrauchen Dionysius und die Mystiker, die ihm folgen, das Präfix „hyper“ (über), um die Gottesbezeichnungen gleichsam ins Unendliche und Unbegrenzte zu führen. Die gleiche Bedeutung erhält das „non“ – Nein. Diese Ausdrücke wollen besagen, dass Gott mit der Vernunft nicht zu fassen ist. Er ist der „Übergute“, der „Überherrscher“, der „Überschöne“, der „Überweise“ usw. Gott wird zum Unnennbaren. Diese negative Art von Gott zu sprechen, erscheint ihm die adäquatere Form zu sein. Aber auch das Sprechen über Gott hört am Ende auf und geht über in die reine Schau. Deutlich wird das an Mose aufgezeigt, der als idealer Mystiker geschildert wird. „Hierauf ... setzt Mose seinen Weg fort, um die Welt weit hinter sich zu lassen, in der man noch sehen und gesehen werden kann: Jetzt erst dringt er in das wirkliche mystische Dunkel des höchsten unkennbaren Lichtes ein. Dort endlich bringt er alles auf irdische Gegenstände gerichtete Wissen zum Schweigen und entgeht so erst gänzlich dem Trug des Fassbaren und Schaubaren. Jetzt erst gehört er gar nicht mehr sich, auch nicht mehr einem anderen, Nahen oder Fernen, sondern nur noch ganz Dem, der über allem ist. Jetzt erst ist das Wahre in ihm beim Schöpfer, der auch ihm unkenntlich bleibt. Er hat ja auf alles Wissen verzichtet, und dank diesem Verzicht, dank diesem Nichtwissen, tritt er ein in jene Erkenntnis, die alles Wissbare sprengt.“ (McGinn, S. 255). Alle Werte werden gleichsam ins Gegenteil verkehrt. Unkenntnis wird zu Wissen, Dunkelheit zu gleißendem Licht, indem Affirmation (Bejahung) und Negation (Verneinung) in der Ekstase überschritten werden. Der Weg in die mystische GotteserkenntnisDer Weg führt über Reinigung und Erleuchtung in die Einigung. Dieses Schema findet sich später in der christlichen Mystik immer wieder. Das Ziel allen menschlichen Erkennens ist die Einigung mit Gott. Wer in die mystische Schau gelangen will, muss sich zunächst von aller sinnlichen Wahrnehmung befreien und auch von allem von den Sinnen her geprägten Denken. Der Mensch muss erkenntnislos zur Einigung emporsteigen. Er muss sich auch von allen „nomina“ (Namen) befreien. Es gilt, das Geheimnis, von dem die Theologie redet, zu erfahren. Das Geheimnis nennt Dionysius das „überhelle Dunkel“. Das Göttliche Dunkel ist noch nicht die Schau (Theoria). Ziel ist die mystische Einigung. Sie wird als Entrückung bezeichnet. Worte haben aber nur andeutenden Charakter. Darum spielt auch hier das Präfix „hyper“ eine wichtige Rolle. Es ist eine „Hyper- Erkenntnis“. Häufig wird Dionysius als erster Mystiker bezeichnet. In Wirklichkeit finden sich mystische Elemente eindeutig bei den Wüstenvätern und früher noch in den johannäischen und paulinischen Schriften, wie auch bereits im Alten Testament. Die Vereinigung des Menschen mit Gott ist der Kern aller mystischen Theologie. Was man bei Dionysius nicht findet, ist der Abstieg in den Alltag. Zwar verweisen alle Dinge letztlich auf Gott, die Bedeutung der Rückkehr in das Leben aber wird bei ihm leider nicht deutlich genug. Worte von Dionysius„Was immer wir von Ihm (Gott) sagen mögen, es bleibt unsagbar. Was immer wir von Ihm ergründen mögen, es bleibt unergründlich.“ (McGinn B., S. 269). „Entsage den Künsten des Verstandes, tue ab von dir, was immer noch den Sinnen oder der Klugheit verhaftet ist, … erhebe dich, wenn du es kannst, bis zur Höhe des Nichtsmehr-Unterscheidens, über das All hinaus, bis dicht an die Schwelle des Verschmelzens mit Dem, der über jedem Wesen und über jedes Wissen ist.“ (McGinn B., S. 262). Literatur Willigis Jäger, OSB |
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