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Kontemplation in Kroatien von 1981 bis 2008 und von 2008 bis 2015
Autor: Neven Bradic
Die Geschichte der Kontemplation in Kroatien beginnt im Jahr 1981, als Pater Mladen Herceg, Franziskanermönch aus dem Wallfahrtsort Medugorje in Bosnien-Herzegowina, sich für ein Jahr nach Deutschland begab, um dort spirituelle Bewegungen zu erforschen. Der Weg führte ihn zuerst nach Sankt Ulrich am Waasen bei Graz, wo sich das Zentrum „Haus der Stille“ seines Ordensbruders Pater Karl Maderner befand, und dann weiter nach Norden, wo er in Würzburg Willigis Jäger kennenlernte und mit ihm einige Monate in intensiver Arbeit verbrachte. Er war von der Kontemplation so begeistert, dass er nach seiner Rückkehr nach Medugorje mit Kursen begann, die als eine Art Ergänzung zur spirituellen Leitung der Franziskanerinnen in der Kirchenprovinz Herzegowina dienten. Seit damals leitete er diese Kurse regelmäßig. Seine Zusammenarbeit mit Willigis Jäger setzte er zweimal im Jahr bei seinen Besuchen in Würzburg fort.
Nach 15 Jahren praktischer Arbeit kam er 1994 nach Zagreb in das damals neu errichtete Kloster der Franziskaner der Kirchenprovinz Herzegowina. In einem runden Saal, der eigens für diesen Zweck eingerichtet worden war, begann er sofort Kontemplationskurse abzuhalten, doch im Gegensatz zu seiner bisherigen Arbeit waren diese nun für jedermann zugänglich.
Die Teilnehmerzahlen stiegen
Die Teilnehmerzahlen stiegen bereits in Kürze so stark an, dass man bald auch die ersten mehrtägigen Rückzüge (Retreats) organisieren konnte. Mit der ganzjährigen Planung von Kursen begann man jedoch erst im Jahr 2000, als regelmäßige Veranstaltungen das ganze Jahr über stattfanden: Zwei mehrwöchige Rückzüge, einige kurze Einführungskurse und regelmäßige Übungen im Meditationssaal des Klosters. Man begann auch mit der Herausgabe einer kleinformatigen, internen Zeitschrift mit Beiträgen über Kontemplation und Mystik, und die ersten Bücher zu diesem Thema erschienen.
Zwei Jahre später musste Pater Mladen wegen der allgemein bekannten Probleme zwischen Willigis Jäger und der römischen Kurie jeden Kontakt mit Willigis abbrechen – dies war die Voraussetzung, um mit der Ausbreitung der Kontemplation fortfahren zu können, ohne den Franziskanerorden verlassen und das Priesteramt aufgeben zu müssen. Er entschied, dass es am besten wäre, wenn er innerhalb der Kirchengemeinschaft – ungeachtet der Einschränkungen, die ihm auferlegt wurden – seine Arbeit fortsetzte. Und was ihn und die Kontemplation in Kroatien anbelangt, scheint er das richtige getan zu haben. Doch vielleicht war das nicht genug…
Im Jahr 2000 schloss ich mich seiner Gruppe an. Die Jahrtausendwende hatte für mich eine besondere Bedeutung. Als ich in den Meditationssaal trat, Platz nahm und den Ausführungen von Pater Mladen lauschte, wusste ich sogleich: Das war es, wonach ich suchte! Nachdem ich 15 Jahre lang auf der Suche nach dem Sinn meines Lebensweges gewesen war und dabei hauptsächlich Wege befolgte, die mit östlichen Strömungen wie Zen und Yoga erschlossen worden waren, erkannte ich nun, dass erst die Rückkehr zu den Wurzeln und die Integration des gesamten spirituellen Baumes, dessen riesige Krone mit ihren unterschiedlichen Ästen, Blättern und Früchten alle Wege umfasst, die eigentliche Rückkehr nach Hause war.
Nach sieben Jahren intensiver Arbeit verspürte ich immer mehr das Verlangen, auch andere mit der Kontemplation vertraut zu machen. Zusammen mit Dobroslav Jakovljevic und Ljerka Jovanov, die seit Jahren Kontemplation praktizierten, leitete ich einige Neuentwicklungen in die Wege: Ein Verein wurde gegründet, der unsere Aktivitäten der Öffentlichkeit zugänglich machen sollte. In unserer Zeitschrift erschienen nun auch Beiträge über andere spirituelle Ausrichtungen und Praktiken, und es wurde an der Veröffentlichung eines Buches über die Kontemplation gearbeitet.
Doch der Mehrzahl schien dies zu missfallen. Sie wollten innerhalb der gewohnten und sicheren Grenzen der „Katakomben“ bleiben. So bezeichneten wir selbst scherzhaft unsere Tätigkeit, weil sie für die Öffentlichkeit unsichtbar und ihr auch vollkommen unbekannt war. Man befürchtete mit recht, dass Pater Mladen Probleme mit seinen Vorgesetzten haben könnte oder dass man ihm sogar jede weitere Arbeit verbieten würde. Und obwohl es so nicht beabsichtigt gewesen war, regte uns dies an, uns selbstständig zu machen und eine eigene Organisation zu gründen.
Mit Zustimmung von Pater Mladen, der uns dabei ermunterte, gründeten Dobroslav, der seit vielen Jahren Schüler von Pater Mladen und Aikido-Lehrer war, und ich im Jahr 2008 eine eigene Kontemplationsgruppe. in einem Raum, wo auch Aikido-Übungen stattfanden, richteten wir zusammen mit Teilnehmern aus der Aikido-Gruppe, die die Kontemplation sofort als einen Weg für sich erkannten, unser „Haus der Kontemplation“ ein. Wir führten regelmäßige Sitzungen ein, zuerst einmal, dann auch zweimal wöchentlich (dienstags von 6 bis 8 Uhr und freitags von 17 bis 19 Uhr), und organisierten die ersten mehrwöchigen Rückzüge an verschiedenen Orten in Kroatien.
Vor kurzem wurde ein neues Zentrum in Zagreb eröffnet, wo neben Kontemplation auch Aikido, Qigong, Yoga u. ä. praktiziert werden. Wir haben den Verein für spirituelle Wege 'Kontemplation und Mystik' gegründet, eine Webseite eingerichtet und sind auch als Verleger tätig geworden, um die Kontemplation in der Öffentlichkeit zu fördern.
Neben der praktischen Arbeit als Grundlage der Weggemeinschaft für Kontemplation sollen auch schriftliche Beiträge über hierzulande bislang völlig unbekannte Themen ein breites kroatisches Publikum mit Kontemplation und Mystik vertraut machen. In unserem Verlag sind schon mehrere Bücher erschienen: Zwei Werke von Willigis Jäger, 'Die Welle ist das Meer' (2012) und 'Kontemplation' (2013), das eigentlich zwei Titel enthält (Kontemplatives Beten und Kontemplation – Gottesbegegnung heute), sowie 'Intimacy with God' von Thomas Keating; beide Bücher sind in einer Auflage von jeweils 700 Exemplaren erschienen.
Neben der Veröffentlichung von Büchern haben wir auch die Zeitschrift 'zajedno' ('füreinander') mit einer Auflage von 200 Exemplaren gestartet mit dem Ziel, Texte über Kontemplation und Mystik zu publizieren, da dieser Bereich in der kroatischen Publizistik noch wie ein weißer Fleck auf der Landkarte war. Die genannten Publikationen wurden inzwischen auch in mehreren Städten Kroatiens vorgestellt. Außer drei Präsentationen in Zagreb hatten wir Präsentationen in Rijeka und Split. Demnächst planen wir weitere Veranstaltungen in Pula, Zadar und Osijek und wollen unsere Tätigkeit auf größere Zentren in unseren Nachbarländern ausdehnen, etwa Ljubljana in Slowenien, Sarajewo in Bosnien-Herzegowina und vielleicht auch Belgrad in Serbien.
Die Geschichte der Kontemplation in Kroatien
Die Geschichte der Kontemplation in Kroatien hat erst begonnen (und vielleicht gilt das auch für unsere Nachbarstaaten auf dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawien). Doch wir planen jetzt schon neue Projekte für 2016 und die kommenden Jahre: Die Veröffentlichung von zwei neuen Büchern, 'Putting on the Mind of Christ' des zeitgenössischen amerikanischen Mystikers Jim Marion sowie 'Naked Now' des bekannten Franziskaners Richard Rohr, eine neue Nummer der Zeitschrift 'zajedno', die dem Thema des spirituellen, mystischen Itinerariums gewidmet sein wird, sowie einen mehrtägigen Rückzug, bei dem Kontemplation mit Qigong und Taijiquan – also Techniken, die ich seit über 25 Jahren erforsche – verbunden werden soll.
Ich habe Willigis 2008 kennengelernt, nachdem ich schon hundert Mal in jenem Jahr seinen Namen von Pater Mladen gehört hatte. Schon bei unserer ersten Begegnung sagte er mir: „You should teach others!“ Das hörte sich wie Zen an, im besten Sinne des Wortes, und prägte den Beginn einer neuen Phase meiner und unserer spirituellen Reise. Zusammen mit engen Mitarbeitern versuchte ich so oft wie möglich – jedoch mindestens zweimal im Jahr – an den Benediktushof zu kommen. In dieser Zeit habe ich viele Menschen kennengelernt, von denen jeder auf seine besondere Weise mir und uns auf unserem Weg weiter geholfen hat. Ich möchte vor allem Franz Nikolaus Müller erwähnen, mit dem ich mich schon am ersten Tag eines Kurses, den er zusammen mit Anne Höfler leitete, anfreundete und mit dem mich bis heute eine innige Freundschaft verbindet.
So kam es auch zu den ersten Ideen über unsere gemeinsame Arbeit, die kurz danach umgesetzt wurde, als 2015 in einem bekannten Veranstaltungsort im Stadtzentrum von Zagreb eine gemeinsame Präsentation stattfand, bei der auch die Bücher von Willigis vorgestellt wurden. Darauf folgte ein 4-tägiger Rückzug im Franziskanerkloster des Inselchens Košljun in der Nordadria, das der Insel Krk vorgelagert ist.
An diesem fesselnden Ort, einem Franziskanerkloster aus dem 15. Jh. (ehemaliges Benediktinerkloster aus dem 9. Jh.), soll im Jahr 2016 in Zusammenarbeit mit unserem Weggefährten Renato Kruljac (Frankfurt), der viele Jahre bei Willigis Zen und Kontemplation lernte, ein 5-tägiger Rückzug vom 25. bis 29. Mai 2016 stattfinden, zu dem ich Sie bei dieser Gelegenheit alle einladen möchte.
Ausführliche Informationen finden Sie auf unserer Webseite http://kontemplacija.hr oder www.achtsamkeit-intuition.de. Sie können sich jedoch auch direkt an mich wenden und mich unter der E-Mail-Adresse Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! erreichen.
In den letzten 20 Jahren hat Pater Mladen Herceg mehrere hundert Teilnehmer, die hauptsächlich aus dem Umfeld der katholischen Kirche stammen, mit der Kontemplation vertraut gemacht. Durch unsere Arbeit im Zentrum „Kontemplation und Mystik“ in Zagreb wollen wir nun unsere Türen auch für ein breiteres Publikum öffnen und gemäß Willigis’ Lehre von der überkonfessionellen Spiritualität diese Botschaft auch in Zukunft umfassend und authentisch weitervermitteln.
Neven Bradic geb. 1967, Kunsthistoriker (M.A.), Qigong- und Taijiquan-Lehrer. Lehrer der Wolke des Nichtwissens Kontemplationslinie Willigis Jäger. Mitbegründer des Vereins für spirituelle Wege 'Kontemplation und Mystik' in Zagreb. Herausgeber der Zeitschrift 'zajedno' ('füreinander') sowie der Edition 'Kontemplation und Mystik' des Verlagshauses Synopsis aus Zagreb. E-Mail: , Internet: Link
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