Würzburger Forum der Kontemplation e. V. (WFdK)Die Meditationsgruppe der evangelischen Kirchengemeinde Bad Schussenried |
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Die Meditationsgruppe der evangelischen Kirchengemeinde Bad SchussenriedAutor: Dr. Ulrich MackDas wirkliche Sakrament ist der Augenblick ... Mit diesem Logo und einem danebenstehenden „Wort", werden die Mitglieder der Meditationsgruppe zur gemeinsamen Stille alle vierzehn Tage eingeladen. 2009 kam ich als Klinikseelsorger in das Zentrum für Psychiatrie in Bad Schussenried. Die Psychiatrie liegt auf dem Parkgelände des früheren Prämonstratenserklosters. Dieses Städtchen, mit 8.500 Einwohnern, liegt mitten in der oberschwäbischen Landschaft und ist ein ehemaliges Moorheilbad. Das Oberland ist traditionell weitgehend katholisch. Für Evangelische ist dies eine Diaspora-Situation. Als ich mich beim katholischen Stadtpfarrer vorstellte, sagte er mir mit einem Augenzwinkern: „Man kann hier evangelisch sein, muss es aber nicht." Zunächst konnte ich im Raum der Stille der Klinikseelsorge einmal im Monat, montags, einen Abend der Stille anbieten. Das Angebot wurde von Mitarbeitern der Psychiatrie und von Menschen der evangelischen und katholischen Kirchengemeinde gut angenommen. Einmal im Jahr führte ich einen Einführungskurs in die Meditation durch, so wuchs die Gruppe langsam an, von anfänglich vier bis fünf, auf bis zu zehn Meditierende. Der Ausdruck "Stille Meditation" wurde für die Veranstaltung gewählt, um die Offenheit der Gruppe für Menschen zu signalisieren, die an christlicher Kontemplation oder an Zen-Meditation Interesse haben. Die Motivation der Mitmeditierenden gründet vor allem in der Suche nach persönlicher Stille als einem Ort, zu sich selbst zu kommen und sich zu stabilisieren; es geht um die Vertiefung des eigenen Glaubens und die Verankerung in einem letzten Grund. Unterstützend wurde eine "Werkstatt Spiritualität" angeboten. Ganz unterschiedliche Themen zu Glaube, Mystik und Meditationen boten die Möglichkeit, nach einleitenden Kurzvorträgen im gemeinsamen Austausch eigenen Fragen nachzugehen. Jede Veranstaltung ging über 3 bis 5 Abende. So, wie die Sitzzeit sich langsam von 15 auf 25 Minuten steigern ließ, stabilisierte sich auch die Gruppe und seit vier Jahren trifft sich die Gruppe vierzehntägig. Die Sitzzeit ist nach einem Einführungskurs immer wieder ein Problem von Anfängern. Sie üben in der ersten Zeit nur mit 15 Min. Entsprechend dem Alter der Teilnehmer/innen ist die Wahl der Sitzgelegenheiten ganz unterschiedlich, vom Sitzkissen über das Meditationsbänkchen bis zum Stuhl ist unser Meditationsraum bunt bestückt. Als Sitzunterlagen nutzen wir die Sitzmatten vom Benediktushof. Die Meditationsbänkchen beziehen wir günstig von der Holzwerkstatt der Psychiatrie. Mehrmals im Jahr findet eine Samstagsmeditation statt. Nach einem gemeinsamen Frühstück - jeder leistet einen Beitrag - beschäftigen wir uns mit einem ausgewählten Thema, das dann mit einer Reihe von Meditationen vertieft wird. Mittlerweile ist die Gruppe auf über fünfzig Interessierte angestiegen. Davon kommen regelmäßig mit einigem Wechsel etwa zehn Personen zum Sitzen. Zusätzlich zu dem Einführungskurs in der Gemeinde finden zweimal im Jahr Vorträge und Einführungen im Rahmen der Volkshochschule statt. Inzwischen bin ich im Ruhestand angekommen und aus organisatorischen Gründen sind wir in den Gemeindesaal der evangelischen Kirchengemeinde umgezogen. Die Abende sind vom Ablauf stets gleich: Wir beginnen um 19.00 Uhr mit einem Gruß und einem kurzen Impuls, sitzen daran anschließend drei Sitzrunden, jeweils von fünf Minuten Gehen unterbrochen, den Abschluss bildet ein Musikstück. Unregelmäßig biete ich Einzelgespräche an. Gerne und häufig wird die Möglichkeit genutzt, per E-Mail persönliche Fragen abzuklären. In diesem Jahr beginnen wir mit einem Meditationswochenende von Freitag bis Sonntag im Kloster Reute, einem Kloster der Franziskanerinnen in der Nähe von Bad Schussenried. Die Teilnehmenden sind auf diese Erfahrung gespannt. Für mich, als Leiter der Gruppe, sind vier Beobachtungen für die spirituelle Arbeit wichtig: Mitzuerleben, wie sich Menschen im Laufe einiger Jahre entwickeln, in ihrer Persönlichkeit reifen, stabiler und zufriedener werden; zu sehen, wie der Glaube, die Weltanschauung eigenständiger und persönlicher werden; wie der Umgang mit dem Leben, dem Sinn des Lebens und dem, was wirklich wichtig ist, bewusster wird. Das zeigt mir, welche befreiende und orientierende Kraft in der Spiritualität steckt; und was mir immer deutlicher wird, ist die gesellschafts-politische Dimension der Meditation: Sie bewirkt einen eigenständigen Umgang mit dem Leistungs- und Konsumdruck in unserer Gesellschaft und schärft das ökologische Bewusstsein, durch die Ausbildung persönlicher Werte und einer individuellen Ethik. Dr. Ulrich Mack, |
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